Vollmacht für Gericht – die wichtigsten Fragen und Antworten
Sie können oder möchten nicht persönlich vor dem Gericht erscheinen? Dann haben Sie das Recht, sich per Vollmacht vertreten zu lassen. Was dafür nötig ist und welche Vollmachten für welche Gerichte und Handlungen notwendig sind, erklären wir Ihnen in diesem Beitrag.
Wann kann ich mich vor Gericht vertreten lassen?
Ob Sie sich vor Gericht vertreten lassen können und eine andere Person oder Anwalt bevollmächtigen können, für Sie vor Gericht zu erscheinen, ist von der Sache an sich und dem Gericht abhängig. Vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht herrscht Anwaltszwang, d.h. Sie müssen sich anwaltlich vertreten lassen. Vor dem Amtsgericht können Sie sich selbst vertreten. Auch zur Abholung von Dokumenten vom Gericht oder Einreichung einer Klage, können Sie sich durch eine bevollmächtigte Person vertreten lassen.
Amtsgericht – Vollmacht und Vertretung vor Gericht
Vor den Amtsgerichten, mit Ausnahme der Ehe- und Familienstreitsachen, besteht kein Anwaltszwang. Sie können sich selbst vertreten oder sich durch einen Kammerrechtsbeistand vertreten lassen. Weiterhin gilt auch vor Arbeits- und Finanzgerichten kein Anwaltszwang, mit Ausnahme des Bundesfinanzhofs.
Da vor dem Amtsgericht kein Anwaltszwang besteht, resultiert daraus, dass Sie sich neben einem Anwalt, auch von einer natürlichen Person oder z.B. einem Mieterverein vor Gericht vertreten lassen können.
Wer kann eine Vollmacht vor Gericht erhalten, um Unterlagen abzuholen oder eine Klage einzureichen?
Eine Einzelvollmacht erlaubt dem Bevollmächtigten eine einzelne Tätigkeit für Sie auszuüben, z.B. die Abholung von Gerichtsakten oder anderen Angelegenheiten, die ein persönliches Erscheinen notwendig machen. Diese Einzelvollmacht kann für jede volljährige Person ausgestellt werden.
Wer kann eine Vollmacht für einen Gerichtstermin erhalten?
Sie können nicht jede beliebige Person bevollmächtigen, für Sie vor Gericht zu erscheinen. Hier gibt es klare Angaben durch die Zivilprozessordnung. Einem Rechtsanwalt kann eine Prozessvollmacht erteilt werden, dieser wird vor Gericht nicht als Privatperson gesehen & behandelt. Weiter kann eine Prozessvollmacht auch an Privatpersonen erteilt werden.
Vor Gericht dürfen Sie nur an folgende Privatpersonen eine Prozessvollmacht erteilen:
- Volljährige Familienangehörige, wie Ehepartner, eingetragene Lebenspartner, Eltern, Kinder
- Streitgenossen (weitere Person, die auf Kläger- oder Beklagtenseite am Prozess beteiligt ist)
- Volljuristen, wenn sie kein Entgelt erhalten und das 2. Staatsexamen bestanden haben
- Bevollmächtigung einer Verbrauchschutzvereinigung, wie dem Mieterbund o. ä.
Eine Bevollmächtigung ist jedoch ohne weiteres nur möglich, wenn vom Gericht kein persönliches Erscheinen angeordnet wurde. In diesem Fall muss gesondert abgeklärt werden, ob eine andere Person bevollmächtigt werden kann.
Was sollte die Vollmacht für das Gericht enthalten?
Wenn eine Prozessvollmacht erforderlich ist und eine andere Person Sie vor Gericht vertreten soll, ist die Bevollmächtigung zwingend schriftlich zu erteilen.
Diese schriftliche Vollmacht enthält
- Voller Name, Geburtsdatum und Adresse des Vollmachtgebers
- Voller Name, Geburtsdatum und Adresse des Vollmachtnehmers
- Ort und Datum
- Die ausdrückliche Bevollmächtigung vor Gericht
- Die konkrete Benennung der Aufgabe, zu dieser die Vollmacht berechtigt: Abholung von Unterlagen XY am Tag X, oder für Vertretung vor Gericht am folgenden Prozesstag mit folgenden Befugnissen: … etc.
- Die Dauer der Vollmacht: Von wann bis wann gilt die Vollmacht?
- Den Termin des Prozesses mit Aktenzeichen, genaue Benennung von abzuholenden Unterlagen…
- Unterschrift beider genannten Personen
Neben der schriftlichen Vollmacht kann auch eine persönliche, schriftliche Entschuldigung für das Gericht mitgegeben werden, welche das Fernbleiben vom Prozess kurz und nachvollziehbar darlegt. Dies ist besonders bei einem Prozesstermin zu empfehlen und kann entscheidend zum Ansehen des Vollmachtgebers beitragen.
Vollmacht vor Gericht für einen Rechtsanwalt
Möchten Sie sich vor einem Gericht anwaltlich vertreten lassen oder müssen Sie das sogar, dann wird Ihr Anwalt das Verfassen und Ausstellen der Vollmacht übernehmen und Ihnen zum Unterschreiben vorlegen. Sie brauchen sich in diesem Fall um nichts weiter kümmern. Eine anwaltliche Vollmacht ist viel detaillierter als manch einer vermutet – so wird rechtlich jeder Ausnahmefall abgesichert und der Anwalt in jedem Falle vertretungsberechtigt erklärt. Eine Vollmacht für Gericht für eine anwaltliche Vertretung durch Rechtsanwältin Bärbel Schmidt-Lademann können Sie unter Formulare downloaden.
Anwaltszwang und Gesetzgebung beachten
Bevor Sie eine Vollmacht vor Gericht für eine Privatperson ausstellen, sollten Sie sich ausreichend bei Gericht erkundigen, ob dies möglich ist und Sie sich vertreten lassen dürfen. Weiter sollten Sie den Anwaltszwang beachten und sich anwaltlich vertreten lassen, wo dies gesetzlich gefordert wird. Andernfalls kann sich ein Erscheinen vor Gericht ohne Anwalt negativ auf Ihren Prozess auswirken und zu Ihrem Nachteil ausgelegt werden.
Was ist zu beachten, wenn man sich vor Gericht selbst verteidigen möchte?
Sollten Sie sich dafür entscheiden, keinen Anwalt zu nehmen und sich im Prozess selbst zu vertreten, beachten Sie folgende Hinweise:
- informieren Sie sich im Vorfeld umfangreich über die Gepflogenheiten zu Gericht, den Ablauf des Prozesses und das Verhalten vor Gericht.
- Sämtliche Dokumente sollten sorgfältig vorbereitet werden
- die Fakten nachvollziehbar dargelegt werden
- die Emotionen außen vorlassen
- Den Anweisungen des Gerichts ist ohne Ausnahme Folge zu leisten.
- Bleiben Sie sachlich und höflich und zeigen Sie aufrichtiges Interesse, wenn die andere Partei oder der Richter spricht
Lassen Sie sich juristisch beraten und ersparen Sie sich viel Ärger
Auf einen Anwalt wird häufig aus finanziellen Gründen verzichtet, eine fehlende anwaltliche Betreuung hingegen kann viele Nachteile mit sich bringen – bis hin zum Prozessverlust. Eine juristische Beratung kann Ihnen im Vorfelde viel Ärger ersparen, vor allem wenn es um die Frage geht, ob juristische Schritte überhaupt notwendig sind.