Die „Abrechnung auf Neuwagenbasis“ gilt aktuell nicht für beschädigte E-Bikes
Die Voraussetzungen zur Abrechnung auf Neuwagenbasis können nicht auf neu erworbene E-Bikes übertragen werden, wie ein Urteil des Amtsgerichts Nordhorn (AG) zeigt. Allerdings muss sich erst noch herausstellen, ob diese Entscheidung auch obergerichtlich Bestand hat.
In Folge eines Unfalls wurde das E-Bike einer Frau beschädigt. Das zum Zeitpunkt des Unfalls ein Monat alte E-Bike der Geschädigten wies eine Laufleistung von 180 km auf. Anhand eines Kostenvoranschlags beliefen sich die anstehenden Reparaturkosten auf 558,00 Euro. Zusätzlich erhielt die Geschädigte die Information, dass der verbaute Elektromotor durch den Unfall in Mitleidenschaft gezogen wurde, und nicht auszuschließen ist, dass dieser durch Folgeschäden ausfallen kann.
Auf Grundlage dieser Information klagte die Frau auf die Erstattung der Kosten eines neuwertigen E-Bikes.
Was sind die Voraussetzungen für eine Abrechnung auf Neuwagenbasis?
Für eine Abrechnung auf Neuwagenbasis müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Die Zulassungsdauer des beschädigten Fahrzeugs beträgt maximal einen Monat
- Die Fahrleistung ist nicht höher als 1.000 km (bzw. 3.000 km, sofern das Fahrzeug nicht vollständig oder ohne bleibende Mängel repariert werden kann)
- Das Fahrzeug wurde erheblich beschädigt (die Kosten für die Reparatur betragen mindestens 30 % des Wagenwertes)
- Es wird tatsächlich ein fabrikneues Fahrzeug erworben
Warum die Abrechnung auf Neuwagenbasis vorerst nicht für E-Bikes gilt
Bei Beschädigung eines neuwertigen Kraftfahrzeuges gewährt die Rechtsprechung dem Geschädigten eine Entschädigung nach den Beschaffungskosten eines Neuwagens. Dies schlägt sich im Wert nieder.
Voraussetzung: Die allgemeine Wertschätzung eines Neuwagens muss die eines selbst fachlich korrekt instandgesetzten Wagens übersteigen. Bei E-Bikes trifft dies jedoch laut Amtsgericht Nordhorn (AG) nicht zu. Im direkten Vergleich existiert zwar eine weitaus höhere Wertschätzung von gebrauchten Gegenständen, welche keine Reparatur benötigten im Vergleich zu Gegenständen, die einer Reparatur benötigten. Diese Wertschätzung trifft jedoch laut der Verkehrsanschauung bei Kraftfahrzeugen nicht auf alle Gegenstände zu.
Die Klage auf Erstattung des Neuwerts wies das Gericht ab, da die Grundlagen zur Abrechnung auf Neuwagenbasis nicht auf E-Bikes übertragbar seien. Laut Gericht ist davon auszugehen, dass eine Wertschätzung über das normale Maß hinaus bei einem unfallfreien E-Bike gegenüber einem fachlich reparierten gebrauchten E-Bike nicht bestehe.
Hinweis: Ob die Entscheidung des AG obergerichtlicher Rechtsprechung standhält, erscheint zweifelhaft, da bei Wohnwagen und Fahrrädern eine Abrechnung nach den Beschaffungskosten eines Neuwohnwagens bzw. Neufahrrads möglich ist. Die Klage war hier aber auch deshalb abzuweisen, weil die Geschädigte nicht nachgewiesen hatte, dass sie sich ein neuwertiges E-Bike gekauft hat. Dies ist immer Voraussetzung für eine Abrechnung auf Neuwagenbasis.
Quellen:
AG Nordhorn, Urt. v. 02.05.2017 – 3 C 1108/16 (aus: Ausgabe 01/2018)
www.anwalt24.de
www.verkehrslexikon.de