Wohnungszuweisung nach Scheidung: diese Aspekte sind entscheidend
Seltener als allgemein erwartet kommt in der Zeit nach der Scheidung vor, dass sich Ehepartner bei der Frage, wer weiterhin in der bisherigen Wohnung oder dem Haus wohnt, nicht einig sind. Sollte es bei dieser Frage trotzdem zu Streit kommen ist die Unsicherheit bei den betroffenen groß. Eine Einschätzung bei der Wohnungszuweisung nach der Scheidung ist mit den zu beachtenden Billigkeitserwägungen kein einfaches Thema.
Unbillige Härte – Besonderheiten bei der Wohnungszuweisung nach Scheidung
Billigkeitserwägungen können viele Grundlagen haben. Unbilligkeit kann bei einer Trennung oder Scheidung greifen, wenn eine Handlung vorliegt, die für den Betroffenen erhebliche Folgen haben kann.
Beispiele:
- Drohungen sowie häusliche Gewalt
- Drogenmissbrauch
- Sachbeschädigungen
Wohnungszuweisung nach Trennung – Beispielfall am OLG Hamburg
Eine in einer Genossenschaftswohnung lebende Familie geriet in eine Ehekrise. Die betroffenen Parteien entschlossen sich für den Fall einer Trennung zu einer Vereinbarung. Danach sollte nach der Trennung / Scheidung die Frau mit ihrer Tochter bis zum Abschluss der Schulzeit in der Wohnung verbleiben. Die Grundlage für diese Entscheidung war die Tochter, die unglücklicherweise an Mukoviszidose erkrankt war. Nach Abschluss der Schulzeit des Kindes sollte der Mann die Genossenschaftswohnung nutzen dürfen.
Letztendlich kam es zur Trennung und demzufolge zur Scheidung der Ehegatten. Wie vereinbart begehrte der Mann nach dem Abschluss der Schulzeit die Wohnung, jedoch wollte die Frau nicht ausziehen.
Die Entscheidung am OLG
Bei der Entscheidung am Oberlandesgericht in Hamburg wies dieses auf maßgeblichen Kriterien hin, die bei der Wohnungszuweisung nach einer Scheidung unbedingt zu beachten sind. Die wichtigste und entscheidende Frage ist, wer stärker auf die Wohnung angewiesen ist. Dabei sind insbesondere die im Haushalt wohnenden Kinder zu beachten sowie die bisherigen Lebensumstände der Ehegatten. Im Weiteren muss das OLG bei der Findung seiner Entscheidung die sogenannten Billigkeitsgründe beachten.
Billigkeitsgründe sind ein juristischer Begriff für den Gerechtigkeitsgedanken bei einer zu fällenden Entscheidung.
Das Gericht entschied in diesem eher unklaren Fall wie folgt und begründete seine Entscheidung.
Die erkrankte Tochter hat ihre Schulzeit abgeschlossen und hat in der Zwischenzeit ein Studium begonnen, daher sah das Gericht keinen allgemeinen und relevanten Grund, die Genossenschaftswohnung der Mutter des Kindes zuzuweisen. Aufgrund der Einigung der Ehepartner während der Beziehungskrise, wonach der Mann die Wohnung nach der Schulzeit wieder betreten könne, sprach das Gericht ihm dies aus Billigkeit zu.
Hinweis: Beide Ehegatten waren Mitglied der Genossenschaft. Wäre dies nicht der Fall, hätte ein besonderes Recht gegriffen, um das Nutzungsverhältnis zu beenden.
Quelle: OLG Hamburg, Beschl. v. 03.08.2016 – 2 UF 42/16
(aus: Ausgabe 01/2018)
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